Die Brieftaube stammt ursprünglich von der Felsentaube ab. Schon in früher Zeit wurde sie als Botentaube eingesetzt und als Haustier gezähmt. Auch in Kriegen kam sie zum Einsatz. In der heutigen Zeit wird sie allerdings nur noch für sportliche Zwecke gezüchtet. Das Mutterland der Brieftaube ist Belgien, wo es auch die meisten Züchter gibt.
Jedes Paar legt etwa 8 bis 10 Tage nach der Anpaarung 2 Eier. Die Brutzeit beträgt 18 Tage wobei
beide Elternteile sich am Brüten beteiligen. Ebenso wird die Aufzucht der Jungtiere von beiden Elternteilen übernommen.
Die Jungen wachsen so schnell heran, daß sie bereits am 6. Tag beringt werden können. Der
Metallring wird der Taube am rechten Fuß übergestreift. Hier kann der Züchter dann die vierstellige Vereinsnummer, das Geburtsjahr (quergeschrieben für 2003 = 03) und die "Rufnummer" der Taube
ablesen.
Mit bereits 21 Tagen beginnen sie selbst zu fressen und verlassen langsam das Nest. Ab der 5.
Woche beginnen sie zu fliegen und nach 3 Monaten absolvieren sie bereits die ersten Trainingsflüge. Das Flugtraining beginnt bei wenigen Kilometern und wird dann kontinuierlich
gesteigert.
Schon nach 4 bis 5 Monaten können Brieftauben an kurzen Wettflügen teilnehmen.
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Taubenschlägen. Viele Züchter haben einen Dachbodenschlag,
der sich unter dem Wohnhausdach des Züchters befindet. Dieser ist meistens sehr trocken und die Tauben kommen im Frühjahr gut in Form. Als Alternative gibt es noch den Gartenschlag. Nachteilig
ist hier die Feuchtigkeit, die aber der Züchter mit Stroh und einer guten Be- und Entlüftung "bekämpfen" kann.
Der Schlag selbst ist in mehrere Abteile gegliedert. Die meisten Züchter haben ein Reiseschlag
für Alttiere, ein Zuchtabteil und ein separaten Jungtaubenschlag. Um die Alttauben bei den Preisflügen zu schonen, werden sie während der Reisezeit von Mai bis Juli von den meisten Züchtern nach
Weibchen und Männchen getrennt gehalten. Diese Reisemethode nennt man "Witwerschaft" oder "Schonmethode", weil die Reisetauben sich dann ganz auf die Preisflüge konzentrieren können. Die beiden
Geschlechter sehen sich nur kurz vor dem Einsatz zum Wettflug. Nach Rückkehr dürfen sie natürlich eine Weile zusammen bleiben. Diese Belohnung wird dann von beiden Partnern intensiv genossen!
Hinzu kommt noch, daß die Tiere sich nach der Heimkehr durch die Gabe von Traubenzucker, flüssigen Mineralien und Amminosäuren sehr schnell erholen!
Jede Alttaube hat grundsätzlich ihren festen Platz im Schlag, den sie auch verteidigt. Man nennt
diesen festen Platz, die "vier Wände" einer Taube, Zelle. Die Jungtauben werden dagegen meist von einem Sitzplatz (=Sitzbrettchen) zu den Preisflügen eingekorbt. Sehr wichtig sind in einem
Taubenschlag die Lichtverhältnisse und die frische Luft (Sauerstoff).
Um Tauben in "Form" zu bringen, braucht man also einen guten Reiseschlag in dem sich die Tauben
wohl fühlen. Ebenso wichtig ist für den Erfolg bei den Preisflügen eine gute Fütterung sowie Intelligenz (Orientierungssinn!) und Gesundheit (= Form) der Tauben. Daher werden nur gesunde und
leistungsfähige Tauben zu den Wettflügen eingekorbt.
Brieftauben bekommen je nach Anforderung eine Körnermischung zu fressen. Diese besteht
hauptsächlich aus Gerste, Weizen, Mais, Erbsen, Hirse, Leinsamen, Wicken, Dari, Hafer, Sonnenblumen, Raps, Hanf und Bohnen. Bei Wettflügen wird der Fettgehalt (Sonnenblumen, Hanf und Raps)
erhöht, bei der Zucht der Eiweißanteil (Erbsen, Bohnen) und im Winter der Anteil an Kohlehydraten (Gerste, Hafer, Mais).
Zusätzlich benötigen Brieftauben Mineralien in Form von Grit oder Picksteinen. Auch nehmen die
Tauben kleine Steine zum Zermahlen der Nahrung auf. Im Winter werden zusätzlich Möhren zur Entschlackung verabreicht. In der warmen Jahreszeit lieben die Tauben ein Bad. Ein Salzzusatz hilft, die
Federparasiten zu bekämpfen.
Der Brieftaubensport ist heute über die ganze Welt verbreitet. In den USA, in China, Südafrika,
Taiwan, Korea, Japan, Saudi-Arabien und natürlich in ganz Europa werden Wettflüge von 100 bis 800 km organisiert.
Für Alttauben (1 Jahr und älter) beginnt in Mitteleuropa die Wettflugsaison meistens Anfang Mai
und endet mauserbedingt Ende Juli. Für Jungtauben, die von Februar bis Ende April schlüpften, beginnt die Saison meist Anfang August und endet ebenfalls mauserbedingt Mitte bis Ende September. In
vielen Ländern werden die Preisflüge mit den Jungtauben in ihrem Geburtsjahr immer beliebter und beginnen daher schon im Juni/Juli! Die Wettflüge der Alttauben beginnen meist mit ca. 150 km und
enden mit dem Endflug (Regionalflug) um die 600 km. Es sind im Schnitt 10 - 14 Wertungsflüge, die zu einer Meisterschaft zählen. Heute geht man aber immer mehr dazu über, die besten Tauben bei
den Wettflügen vorzubenennen und nur diese vorbenannten Tauben für Meisterschaften zu werten. Das hat den Vorteil, daß man Tauben bei jedem Flug umbenennen kann. Ein weiteren Vorteil dieser
Methode ist die Tatsache, daß man die Tauben schonen und gezielt auf einzelne Flüge vorbereiten kann, sie nicht jedes Wochenende zu Preisflügen einkorben muss.
Für Züchter, die die Weitstreckenflüge lieben, gibt es auch Wettflüge (oft "internationale"
Flüge) mit einer Entfernung bis zu 1.000 km. Auf diesen Flügen kann man aus einem größeren Gebiet (international) einen Sieger küren. Diese Weitstreckenflüge nehmen an Popularität ständig zu, und
ihre "Sieger" werden für sehr viel Geld gehandelt. Für manchen Sieger wurden schon über 100.000 Euro bezahlt!
Bei den Jungtauben beginnt man meistens bei 100 km und steigert die Entfernung bis zum 5. Flug
auf etwa 300 bis 400 km. Damit haben sie die Grundschule der Orientierung absolviert und starten im darauffolgendem Jahr als Alttauben.
Für die Zeiterfassung werden heutzutage bereits elektronische Chipringe verwendet, mit denen
auch ohne Anwesenheit des Züchters die genaue Ankunft mit Hilfe einer Antenne und einer elektronischen Uhr festgestellt werden kann. Vor Jahren wurde noch mit mechanischen Uhren gearbeitet. Dabei
bekamen die Tauben Gummiringe angelegt. Zu Hause angelangt wurden diese Gummiringe vom Züchter abgenommen und in dieser mechanischen Uhr konstatiert. Das war natürlich zeitaufwendiger und
beschwerlicher für den Züchter.